Artikel im Weser-Kurier von Sigrid Schuer

Der gebürtige Bremer Andreas Euler war fünf Jahre einer der Stars der Störtebeker-Festspiele auf Rügen. Bis in den Mai hinein steht er in „Mann über Bord II“ auf dem Theaterschiff auf der Bühne.

 Multitalent Andreas Euler war von 2012 bis 2017 der Star bei den Störtebeker-Festspielen in Ralswiek auf Rügen. Nun ist er auf dem Theaterschiff in „Mann über Bord II“ zu sehen. (Roland Scheitz)

„Sail away, dream your dream!“ Mit dieser Hymne und einem großen Höhenfeuerwerk enden die Störtebeker-Festspiele jeden Abend während der knapp dreimonatigen Saison in Ralswiek. Und viele der allabendlich 9000 Zuschauer träumen sich mit den Piraten auf die Ostsee hinaus. Auf Rügen steht in der malerischen Naturkulisse des großen Jasmunder Boddens eine der größten Freilichtbühnen Europas. Fünf Jahre lang, von 2012 bis 2017, ritt und stritt Andreas Euler als Gödeke Michels dort in der Robin-Hood-Saga für mehr Gerechtigkeit. Gödeke Michels gilt als einer der Anführer der Vitalienbrüder.

Der gebürtige Bremer wurde als bester Kumpel des legendären Seeräubers Klaus Störtebeker (alias Bastian Semm) von seiner Fan-Gemeinde bejubelt. Bis in den Mai hinein steht er nun an vielen Wochenenden in der Boulevardkomödie „Mann über Bord II“ auf dem Theaterschiff an der Tiefer auf der Bühne. „Ich habe vor dieser Premiere mehr Lampenfieber gehabt als vor Störtebeker, denn das Publikum sitzt ja unglaublich nah an uns dran. Außerdem liegt mir der Haudegen Gödeke Michels eigentlich mehr“, erzählt Euler.

Denn in Ralswiek wird jedes Jahr ganz großes Kino auf die Naturbühne am Bodden gezaubert, mit pyrotechnischen Spezial-Effekten, Kanonendonner und dem Weißkopfseeadler Laran, der über die Köpfe des Publikums hinweg auf die Bühne schwebt. Bei den Castings sprechen viele Darsteller nicht vor, sondern sie reiten vor, erinnert sich Euler. Da traf es sich gut, dass der Schauspieler schon fest im Sattel saß, dann aber bis zu seiner endgültigen Festspiel-Premiere doch noch monatelang Unterricht bei einer Reitlehrerin in der Pferdestadt Verden nahm. Der Sage zufolge soll Klaus Störtebeker in Verden geboren worden sein.

„Daraus müsste man doch was machen können“, sagt Andreas Euler. Er könnte sich gut vorstellen, die Seiten zu wechseln, auf dem Pferd durch die Stadt zu reiten und „die Touristen zu erschrecken“. Ein Störtebeker für Verden. Warum eigentlich nicht? Der legendäre Pirat lässt Euler nicht mehr los. In Freibeuter-Montur hat er auch schon als freier Hochzeitsredner auf Schloss Ralswiek, der Außenstelle des Standesamtes auf Rügen, Paaren den Ehesegen gespendet. Und mit Jörg Mehrwald, Chef des Zeltkinos, bringt er im Sommer auf Hiddensee das politische Störtebeker-Kabarett-Programm „Er ist wieder da“ heraus.

Außerdem schreibt das Multi-Talent gerade an einem Störtebeker-Krimi, in dem ein Serienkiller hinter den Kulissen der Festspiele in Ralswiek sein Unwesen treibt. Mörderisch amüsant geht es zurzeit auch auf dem Theaterschiff zu. Als ebenso mysteriöser wie charmanter Kreuzfahrtpassagier umgarnt Euler drei Ladys (Martina Flügge, Sema Mutlu und Astrid Schulz), die in der Auftaktfolge „Mann über Bord“ ihren untreuen Liebhaber kurzerhand über Bord kippten, als sie feststellen mussten, dass er als Trigamist unterwegs war. „Die drei Kolleginnen sind wirklich ganz zauberhaft“, schwärmt Euler.

Er hat auf dem Theaterschiff und im Packhaus-Theater bereits in mehreren Produktionen mitgespielt. Der knapp zwei Meter große Hüne mit einer von der Ostsee-Sonne gebleichten, naturblonden Piratenfrisur lässt an diesem milden Frühlingstag vom Theaterschiff aus versonnen den Blick in Richtung Café Sand schweifen. „Hier ganz in der Nähe habe ich jahrelang am Osterdeich gewohnt“, erzählt er.

Damit hatte es Euler nicht weit zum Theater Bremen: Dort machte er nach dem Studium an der Hamburger Schauspielschule in der Intendanten-Ära von Klaus Pierwoß seine ersten Schritte auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Er stand in Produktionen wie „Disney-Killer“, „Peer Gynt“ und in „Anatevka“ auf der Bühne. Am Berliner Maxim- Gorki-Theater war er später unter anderem in der „Dreigroschenoper“ in der Inszenierung der Brecht-Enkelin Johanna Schall zu sehen. Aber auch in Hamburg, wo er nach der Schauspielausbildung zusätzlich ein Volontariat an der Medienakademie absolvierte, lebte Andreas Euler 20 Jahre lang und spielte unter anderem am Ernst- Deutsch-Theater.

Einen Logenplatz am Wasser hat er auch in seinem jetzigen Domizil in Prora auf Rügen. „Da sind es gerade mal 20 Meter zur Ostsee und in den Kiefernwald“, schwärmt er. Am rauschenden Meer Krimis oder eigene Stücke zwischen Theater- und Film-Engagements zu schreiben, was könnte es Schöneres geben? „Meine Kollegen vom Theaterschiff haben mich dazu ermutigt, meine eigenen Stücke zu schreiben“, sagt der multitalentierte Schauspieler.

In Deutschlands größte Insel verliebte sich Euler gleich im doppelten Sinn, seine Lebensgefährtin lebt in Binz, unweit von Prora. Und von der Ostsee ist es nur ein Katzensprung, beispielsweise nach Norden, wo Andreas Euler im Sommer für die zwölfteilige Serie der Ostfriesenkiller-Krimis von Klaus-Peter Wolf vor der Kamera stehen wird: als Peter Grendel, väterlicher Freund der Kommissarin, gespielt von Christiane Paul. Mit dabei ist auch Peter Heinrich Brix („Großstadtrevier“).

Andreas Euler ist ein kreativer Tausendsassa, der nur so vor Ideen sprüht. Gut könnte er sich vorstellen, ein eigenes Theaterschiff in Stralsund zu etablieren. Sponsoren gibt es schon, aber der Tag hat ja nun mal nur 24 Stunden. Eines der nächsten Projekte, das er zusammen mit Yared Dibaba, dem Universaltalent mit plattdeutschem Faible,  realisieren möchte: ein Swingprogramm mit Titeln von Frank Sinatra und Dean Martin, komplett auf Platt.

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